Paar bleiben als Eltern: Das rät der Paartherapeut

FAMILIE, MUM, Wohlfühlen

Isabelle Jänchen

Wenn Mann und Frau Eltern werden stehen beide einer großen Herausforderung entgegen. Es ist eine Umstellung für alle Beteiligten. Tipps und ehrliche Worte über die neue Zeit als Eltern gibt uns Paartherapeut Dr. Clemens von Saldern aus Berlin.

Grenzen kennenlernen und gemeinsam neue Wege finden

Neben all dem Zauber der ersten Wochen gehen nicht selten auch Ängste, körperliche Belastungen und auch psychische Grenzerfahrungen mit einher. Dabei stoßen Eltern immer wieder an ihre Grenzen, müssen neue Wege finden, miteinander und für sich.

Dass das Paar-sein in der ersten Zeit und oftmals längerfristig auf der Strecke bleibt, kann schnell passieren. In vielerlei Hinsicht kommt es zu Veränderungen. Dennoch ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass es Zweisamkeit braucht, um alle Säulen stabil und die Familie glücklich zu wissen. Wir sprechen mit Paartherapeut Dr. Clemens von Saldern über die große Veränderung im Leben von Paaren und die neuen Herausforderungen des Eltern-Seins.

Lieber Herr von Saldern, Sie sind selbst Vater und wissen um die Veränderung, die die Ankunft eines Neugeborenen mit sich bringt. Schweisst die Liebe zum Kind aber nicht eher zusammen?

Paartherapeuten zucken immer wenn Sie bei den Klienten nach Kindern fragen. Denn wir wissen, was es bedeutet: eine Riesenherausforderung für das Paar. Und oft sind die Kinder, meiner Meinung nach, mitverantwortlich für die Probleme, die ein Paar hat. Auch nach 20 Jahren lassen sich Probleme in der Beziehung allzu oft auf die Phase zurückführen, als die Kinder klein waren. Alles ändert sich: die Aufmerksamkeit, die Zeit für einander, die Sexualität. Nichts ist mehr so wie es war. Manchmal sage ich mir, die Kinder müssten sich eigentlich schämen für das was sie mit ihren Eltern anrichten, doch dann fällt mir ein, dass ich selbst auch ein Kind war… Abgesehen davon möchte ich meine Kinder zu keinem Zeitpunkt missen.

Kinder schweißen in der Tat oft zusammen, weil manche Paare aufgrund der Kinder nicht mehr auseinander gehen. Aber die Verbindung zueinander kann dabei oft sehr belastet werden.

Foto von Candice Picard auf Unsplash

Große Euphorie, doch es folgt der Alltagstrott. Oft kommt es dann zu Problemen und Unruhe in der Beziehung. Was sind ersten Zeichen dafür, dass man neue Wege miteinander finden muss?

Der ersten Euphorie folgt in der Tat oft die Ernüchterung. Und natürlich auch die Erschöpfung. Die Aufzucht von Kindern verlangt Eltern einiges ab. Deshalb liegen oft auch die Nerven blank und Streit ist vorprogrammiert. Wenn der Schlafentzug hinzukommt nimmt es manchmal dramatische Ausmaße an. Viele Eltern rufen in dieser Zeit sogar bei der Telefonseelsorge an, weil sie aufgrund der Erschöpfung an den Rand ihrer Kräfte gedrängt werden.

Der erste Schritt in die Heilung ist dabei immer zu erkennen, dass es in der Regel ja beiden miserabel geht und nicht nur einem. Und dass die Gereiztheit richtig eingeordnet werden muss. Denn ohne den Kinderstress würde mancher Konflikt wegfallen. Es wird daher viel Verständnis auf beiden Seiten aufgebracht werden müssen. Und das geht nur wenn man auch die Not des anderen betrachtet.


Gerät die Zweisamkeit denn unausweichlich in den Hintergrund?

Die Zweisamkeit WIRD in der Kleinkindphase reduziert werden. Das ist in der Regel unausweichlich. Das aber muss keine Katastrophe sein, denn immerhin gibt es dafür ja auch reichlich Glücksgefühle durch die Kinder.
Meine Frau hat von Anfang an ein Motto angegeben: „Erst kommt die Ehe und dann die Kinder“! Kurz fragte ich mich, ob ich eigentlich eine gute Mutter für meine Kinder hatte. Bald aber habe ich eingesehen, dass das Konzept meiner Frau goldrichtig war. Denn so habe ich nie meinen Thron verloren und an die Kinder abgeben müssen. Die Kinder haben dies übrigens, als sie erwachsen waren, als stimmig quittiert. Auch wenn sie immer geflucht haben, so hätten Sie am Ende eingesehen, dass sie selbst von den glücklichen Eltern ja profitiert hätten.

Was können Eltern tun, damit es nach der Geburt von Kindern gar nicht erst zu einer große Krise kommt?

In der Tat sollte man sich auf Kinder vorbereiten indem man zwei Dinge tut:
– sich manch Möglichkeit hinreichend ausleben, bevor man sich entscheidet, Eltern zu werden.
– sich auf eine Dürrezeit in vielerlei Hinsicht vorbereiten. Weniger Sex, weniger Zeit, weniger Schlaf, weniger Geld, weniger Aufmerksamkeit- das sind die Folgen. Demgegenüber stehen aber die reichen Freuden und Früchte, die man durch Kinder erntet. Stellt man sich von Anfang an darauf ein, so wird man nicht enttäuscht sein.

Meiner Patentochter habe ich eine Paartherapie zum Hochzeitsgeschenk gemacht. Einzulösen direkt nach der Hochzeitsreise. Es macht riesigen Sinn, sich rechtzeitig Beziehungs-Know-how anzueignen. Sich auf die Fallen und Schlüssel in Beziehungen vorzubereiten. Je früher desto besser! Wer erst kommt, wenn es fünf vor zwölf steht hat viel geringere Erfolgschancen. Das ist wie mit der Früherkennung von Krebs.

Und genau das möchte ich den Paaren zurufen: investiert jederzeit in Euren Beziehungsgarten – wie der Hausgarten benötigt er Wasser, Dünger, Licht, Zuwendung und regelmäßiges Unkrautjäten. Wer das macht wird ihn genießen und reiche Früchte tragen!

Foto Slider/Teaser: gettyimages

Unsere Magazine

LUNA NR. 93

BACK TO SCHOOL

Coole Trend-Looks für den Schulstart: Lässiger Streetstyle, French Chic mit Twist, New Denim & Country... Plus: Accessoires mit Wow-Effekt

Zum Jahresabo
Blick ins Heft

LUNA MUM NR. 52

LET'S GET COSY

Maternity Trends für den Herbst: Kleider, Jacken, Blazer, Leder & Kuscheliges für Babys...

Zum Jahresabo
Blick ins Heft