Pillenverpackung

Verhütung ohne Pille: Mehr Lust, weniger Frust!

MUM, Medien, Wohlfühlen

Stefanie Staiger

Sabine Kray hat, wie viele Frauen, jahrelang die Pille genommen, um zu verhüten. Bis sie festgestellt hat: Es geht ihr ohne sehr viel besser! Wir haben mit der Berliner Autorin über ihr Buch "Freiheit von der Pille", ihre persönlichen Erfahrungen und die Vorteile des hormonfreien Lebens gesprochen.

Die Pille gilt als sicheres Verhütungsmittel, besonders bei jungen Frauen steht sie nach wie vor hoch im Kurs. Denn neben dem Empfängnisschutz verspricht sie bessere Haut, schönere Haare, kaum Regelschmerzen, nur leichte Entzugsblutungen – und sie ist einfach einzunehmen. So weit, so gut. Oder auch nicht? Denn dass die Pille gefährliche Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Thromboserisiko und ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebserkrankungen mit sich bringt, ist inzwischen bekannt. Und nicht nur das: Sie manipuliert den weiblichen Körper – mit Auswirkungen auf unsere Libido, ja sogar auf die Partnerwahl. Für ein Leben ohne Pille plädiert die Autorin Sabine Kray in ihrem Buch „Freiheit von der Pille“ (Tempo/Hoffmann & Campe, 10 Euro).

Wie waren deine persönlichen Erfahrungen nach dem Absetzen der Pille? Wie lange hast du sie genommen?

Sabine Kray

Sabine Kray hat selbst jahrelang die Pille genommen (Foto: © EDISONGA)

Ich habe die Pille von 15 bis 32 genommen, also 17 Jahre. Am Anfang war mir gar nicht klar, dass sich bestimmte Veränderungen, die ich bemerkt habe, auf das Absetzen zurückführen lassen. Das fällt einem auch nicht von einem Tag von den anderen wie Schuppen von den Augen. Aber es entwickelt sich tatsächlich eine andere Körperwahrnehmung. Ich habe das vor allem an meiner Libido bemerkt. Das kannte ich vorher so nicht von mir. Ich habe viel deutlicher gespürt, wann ich Lust habe – und ich hatte auch deutlich mehr Lust auf Sex als während der Pilleneinnahme. Da habe ich gemerkt: Mensch, die Pille macht schon ganz schön was mit deinem Körper! Klar, das sind ja auch keine Zuckerpillen, sondern Hormone. Ganz generell habe ich gemerkt, dass ich wieder mehr bei mir und meinem Körper bin. Das hat ein paar Wochen gedauert, aber ist definitiv ein gutes Gefühl. Unter der Pille habe ich viele Sachen gar nicht wahrgenommen, die ich heute viel deutlicher spüre. Meinen Eisprung zum Beispiel – der findet ja unter der Pille gar nicht statt. Aber auch die Tage vor dem Eisprung wirken sich auf meinen Körper und meine Stimmung aus: Dann habe ich richtige Hochgefühle, mehr Energie und spüre die Glückshormone, die freigesetzt werden.

Die Pille wird als sicheres Verhütungsmittel angepriesen, mit positiven Side-Effects wie schöner Haut etc. Was hältst du davon?

Für junge Frauen ist die Pille nach wie vor das Verhütungsmittel Nummer Eins. Natürlich hat sie auch ein paar positive Begleiterscheinungen. Sie verbessert die Haut, hilft gegen Pickel, die Haare werden schöner. Aber was mich besonders stört, ist der Aspekt, dass gerade ein Thema wie die weibliche Lust von Ärzten überhaupt nicht angesprochen wird. Vielmehr wird suggeriert, dass es etwas zu regulieren gibt: Der Körper wird eingetaktet, ganz normale Zyklusunregelmäßigkeiten gibt es unter der Pille nicht, weil man in diesen 28-Tage-Rhythmus kommt. Fruchtbarkeit wird als etwas Gefährliches dargestellt, eine Schwangerschaft ist etwas, das es tunlichst zu vermeiden gilt. Dafür nimmt man die Pille. Den jungen Frauen wird im Grunde gesagt: Der Körper muss kontrolliert werden, dem Uterus ist nicht zu trauen. Das halte ich für eine gefährliche Sache, denn der weibliche Zyklus, Fruchtbarkeit, Lust und Sexualität sind wichtige Themen im Leben jeder Frau, und unter der Pille werden sie unterdrückt. Das sagt auch viel über unsere Gesellschaft aus und fängt schon mit der Periode an. In anderen Ländern und Kulturen gibt es den Brauch, dass man ein Mädchen mit einem Fest feiert, wenn sie das erste Mal ihre Tage bekommt. Bei uns wird auch das Thema eher tabuisiert, die Periode ist mit Schmerzen, Unpässlichkeiten und Leistungsminderung verbunden – das gilt es zu vermeiden. Das ist eine Art der Kommunikation, die junge Frauen sehr beeinflusst. Dabei gehört die Periode zu unserer Fruchtbarkeit und Weiblichkeit, das sollte etwas ganz Selbstverständliches sein und nicht unter „Kontrollzwang“ gesetzt werden.

Gab es trotzdem Situationen, in denen du die Pille vermisst hast? Immerhin fällt ja das Sicherheitsgefühl weg, das man jahrelang hatte.

Klar, den Schutz und die Sicherheit muss man sich ohne die Pille anders schaffen. Für mich war es ganz wichtig, mich erst einmal intensiv mit meinem Zyklus zu beschäftigen. Denn es kommt ja nur eine bestimmte Zeitspanne innerhalb eines Zyklus in Frage, in der man schwanger werden kann. Die fruchtbaren Tage sind im Grunde ein relativ kurzes Zeitfenster. In der Zeit kann man dann mit Kondomen oder Diaphragma verhüten. Sehr hilfreich sind Verhütungsapps oder – computer und Menstruationskalender für das Smartphone, die helfen, den Überblick über die Zyklustage zu behalten. Aber ich verstehe total, dass das Frauen, die jahrelang die Pille genommen haben, erst einmal verunsichert. Man muss sich da wirklich herantasten und herausfinden, was für einen persönlich am besten funktioniert.

Ein weiterer Aspekt der Pille, der inzwischen bekannt ist: Die Pille kann auch die Partnerwahl beeinflussen.

Die Theorie dahinter ist, dass Frauen ohne die Pille innerhalb ihres Zyklus auf unterschiedliche Duftstoffe und Merkmale bei Männern reagieren. In der ersten Phase des Zyklus, also auf den Eisprung hin, suchen Frauen eher nach maskulinen Typen, um in der Zeit rund um den Eisprung den optimalen, genetisch passenden Erzeuger für den Nachwuchs zu haben. In der zweiten Zyklusphase, der Lutealphase, suchen sie eher den Versorgertypen, der sich kümmert und die Familie ernährt. Das macht, biologisch gesehen, auch total Sinn. Es ist natürlich spannend, das an sich selber mal zu überprüfen. Empirisch erwiesen ist das aber nicht.

9783455002669

Das Buch „Freiheit von der Pille“ von Sabine Kray ist im Tempo Verlag (Hoffmann&Campe) erschienen und kostet 10 Euro

Stichwort Schwangerschaft: Warum ist denn Schwangerwerden so angstbesetzt, dass man es vermeiden muss? Kinder sind doch etwas Schönes, und gerade in Deutschland wird von allen Seiten beklagt, dass wir zu wenig Kinder bekommen.

Wir leben in einer neoliberalen, leistungsorientierten Gesellschaft, in der es vor allem um Produktivität und Konsum geht. Gerade kinderlose Frauen zwischen 20 und 40 sind sehr produktiv und konsumfreudig – das wird natürlich auch instrumentalisiert. Gleichzeitig wird immer vor Überalterung der Gesellschaft geredet, und man muss aufpassen, nicht in einen reaktionären Roll-Back zu verfallen, nach dem Motto: Frauen sollen zuhause bleiben und Kinder kriegen. Etwas in der Mitte wäre schön: Kinder sind etwas Wunderbares, eine Schwangerschaft ist auch keine Katastrophe. Aber dafür brauchen wir eine kinderfreundliche  Gesellschaft und entsprechende politische Rahmenbedingungen, damit Frauen und Männer Familie und Beruf verbinden können und Kinderkriegen wirklich wieder etwas Selbstverständliches ist. Dann könnte man sich beim Thema Verhütung vielleicht auch wieder etwas entspannen und mehr der Magie des Zufalls überlassen. Denn dieser Kontrollwahn, in den wir uns hineinmanövriert haben, ist oft auch kontraproduktiv.

Wenn du eine Tochter in der Pubertät hättest, die dich fragt, wie sie verhüten soll. Was würdest du ihr raten?

Ich glaube, ich würde ihr zunächst ein Zyklustagebuch oder eine Zyklusapp schenken und mich mit ihr hinsetzen und es anschauen. Dann würde ich das mit ihr besprechen und eindeutig auf Barrieremethoden wie das Kondom hinweisen – vor allem auch zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten. Von hormonellen Verhütungsmitteln würde ich ihr abraten.

Warum ist denn die Spirale in Deutschland so wenig populär? Sie ist doch auch ein sehr sicheres Verhütungsmittel?

Die Kupferspirale steht seit den 1960er Jahren in Deutschland zur Verfügung und ist tatsächlich sehr sicher. Trotzdem wird sie bei uns oft erst Frauen empfohlen, die bereits Kinder geboren haben – was völliger Quatsch ist! Die Spirale lässt sich bei einem  Kinderwunsch wieder entfernen und hat auch keinerlei Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Ich halte sie auch bei jungen Frauen für eine gute Wahl zur Empfängnisverhütung.

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