Hypnobirthing

Hypnobirthing – So funktioniert die sanfte Geburt

SCHWANGERSCHAFT, Wissen

Unsere Autorin hat einen Hypnobirthing-Kurs besucht. Hier erzählt sie von den Vorteilen der sanften Geburtsmethode und wie Hypnobirthing funktioniert.

Text: Ragnhild Deschner

Ein Hypnobirthing-Kurs zur Geburtsvorbereitung

Ich habe bereits eine Geburt erlebt und kann sagen, dass ich in der Zeit davor keine Angst vor dem Geburtserlebnis hatte. Ich habe mich gefreut und es als etwas Positives gesehen. Allerdings wurde ich dann doch übermannt von der Stärke der Wehen, die ich mir so niemals hätte vorstellen können. Es ging alles gut, aber diese Erfahrung führte dazu, dass ich vor der Geburt meines zweiten Kindes eine Geburtsvorbereitung machen wollte.

Vom Hypnobirthing hatte ich schon gehört und empfand es als passend für mich. Also suchte ich nach einer zertifizierten Hypnosetrainerin, die auf die Arbeit mit Schwangeren spezialisiert ist. So bin ich an Julia Kamphausen von „Sanft Gebären“ geraten. Sie übt mit Schwangeren, sich in Trance zu versetzen, damit sie unter der Geburt weniger Schmerz empfinden, sich gegen äußere Einflüsse besser abschirmen und selbstbestimmt gebären können.

Die Geburt als positives Erlebnis empfinden

Für manche klingt das wie Hexerei. Ich weiß nicht, ob man esoterisch veranlagt sein muss, um den Prozess einer Geburt als einen tranceähnlichen, instinktiven Vorgang zu betrachten, der tief in uns Frauen verankert ist. Ich empfinde diese Sichtweise als vollkommen normal. Leider ist das Thema „Geburt“ in der westlichen Welt sehr negativ konnotiert. Ich hatte keine Freundin, die mir vor der ersten Geburt gesagt hätte: „Wie wunderbar, du wirst ein Kind auf die Welt bringen, das schaffst du bestimmt alles super.“

Die Reaktionen klangen eher so: „Oh Gott, wenn man bedenkt, was da unten alles reißen kann, hast du denn keine Angst vor der Geburt? Und das muss ja so unglaublich wehtun!“ Ich fand es schade, dass Geburt dieses negative Erlebnis sein sollte, durch das man hindurchmuss, wenn man ein Kind haben will. Auch an diesem Bild von Geburt setzt das Hypnobirthing an und versucht Frauen nahezubringen, dass Geburt auch kraftvoll, ja sogar ein positives Erlebnis sein kann.

Keine Geburt ist vollkommen schmerzfrei

Ich war also an einem Sonntag sieben Stunden bei Julia. Sie ist eine große, schlanke Frau mit einer sehr beruhigenden Ausstrahlung und einer – wie sollte es anders sein – ausdrucksstarken Stimme. Der große, helle Raum war mit Matten, Kissen und Decken ausgestattet, damit wir es uns während unserer Trancen gemütlich machen konnten. Zuerst klärte Julia uns darüber auf, dass wir heute weder einen Handstand unter Hypnose vorführen würden, noch dass die Trancemethoden zu einer vollkommen schmerzfreien Geburt verhelfen.

Sie distanzierte sich vom nordamerikanischen Hypnobirthing, das die Hypnotherapeutin Marie Mongan entwickelt hat und für das es zertifizierte Trainerinnen gibt. Die Methode folgt strengen Regeln, die ganz im Sinne des American Dream vollkommene Schmerzfreiheit versprechen. Darum geht es Julia nicht, sie sagt: „Wer eine Geburt vollkommen schmerzfrei erlebt, muss taub sein.“

Tiefenentspannung: Mit Hypnobirthing gegen Angst und Schmerzen

Wir begannen mit der ersten Trance, um endlich eine Vorstellung davon zu bekommen, wie es sich anfühlt, völlig tiefenentspannt zu sein. Julia zeigte uns, wie wir unsere Augen bewegen sollten. Das Rollen der Augen nach ganz oben, als wolle man seinen Scheitel anschauen, und das darauffolgende Schließen seien eine zuverlässige Art, sich in Trance zu versetzen. Dazu erzählte sie eine Meditationsgeschichte, in der es um unseren inneren Gebärort ging.

Durch das Augenrollen gelang es mir recht schnell, in eine Trance zu kommen, und es fühlte sich so normal an, dass ich erst dachte, ich würde es nicht richtig machen. Ich hörte Julias Stimme ganz klar, konnte durch meine Augenlider Licht und Schatten erahnen und hörte die andere Kursteilnehmerin neben mir atmen. Julias Worte führten uns eine Treppe hinab in unser Inneres, wo wir den für uns bestimmten Gebärort aufsuchen sollten.

Ich habe ab und zu den Faden verloren, weil viele Bilder vor meinem inneren Auge vorbeizogen. Insgesamt konnte ich der Tranceanleitung aber gut folgen. Es war zu keinem Zeitpunkt unangenehm. Auch das Ende der Trance entpuppte sich als unspektakulär. Wir öffneten die Augen und kamen einfach langsam, wie nach einem Mittagsschlaf, wieder im Hier und Jetzt an. Man verliert ein wenig das Zeitgefühl, die Trance hatte eine halbe Stunde gedauert, während wir von zehn Minuten ausgingen.

Es ist schwer, diesen Zustand zu beschreiben. Man ist ganz bei sich, aber in keinem Moment von seiner Außenwelt getrennt. Man bekommt alles um sich herum mit. Übrigens ist das Verbringen in einer halbstündigen Trance beinah so erholsam wie drei Stunden Tiefschlaf, also auch für eine langwierige Geburt sehr hilfreich.

Selbstbestimmte Geburt durch Hypnobirthing

Im weiteren Verlauf des Kurses erzählte Julia von der Geburt an sich, davon, was hormonell und körperlich passiert, und von verschiedenen Ansichten und Herangehensweisen. Sie sagte, Geburt sei etwas Kraftvolles und für die meisten Frauen identitätsstiftend. Man hört ihr gerne zu; viel von dem, was sie erzählt, ist mir schon während meiner ersten Schwangerschaft begegnet.

Es war bestärkend zu hören, dass wir auf unser Bauchgefühl vertrauen sollen. Dass wir medizinische Interventionen wie zum Beispiel den prophylaktischen Venenzugang im Krankenhaus ablehnen könnten. „Wenn man einen prophylaktischen Venenzugang legt, geht man unterbewusst davon aus, dass etwas passieren wird, dass die Geburt nicht komplikationslos verlaufen wird. Bereits das macht etwas mit uns und unserem Unterbewusstsein – und das schon ganz früh im Geburtsgeschehen“, meint Julia dazu.

Überhaupt geht es im Kurs oft um das Unterbewusstsein, die Angst, die sich dort vielleicht schon breitgemacht hat, obwohl man selbst noch ganz positiv gestimmt ist. Diese negativen Schwingungen können den Geburtsverlauf behindern, mithilfe einer Trance aber gelöst werden.

Julia legt uns nahe, die Trancen regelmäßig zu machen. Das Unterbewusstsein sei wie ein Muskel, den man trainieren könne. Je trainierter er sei, desto besser könnten wir unsere Trancen lenken und für uns persönlich nutzen. Sie nahm die Trancegeschichten für uns auf, sodass wir zu Hause üben konnten.

So hat mir das Hypnobirthing geholfen

Nun zu meinem Fazit: Ich habe mein zweites Kind innerhalb von fünf Stunden im Krankenhaus mit einer Beleghebamme geboren. Ich habe keinerlei Schmerzmittel bekommen und auch sonst waren Hilfsmittel nicht nötig. Meine Wehen kamen anfangs etwas langsam in Gang. Als sie endlich stärker wurden, merkte ich, wie mein Körper sich gegen den Schmerz wehrte, und ich begann eine der Trancen anzuhören.

Die Trance klappte gut, ich war ganz bei mir und konnte besser mit den Wehen arbeiten. Ich habe mich in mich selbst zurückgezogen und nicht mehr mit meiner Hebamme oder meinem Freund gesprochen. Diese erste Trance half mir sehr gut, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich die Zusammenarbeit mit den Wehen und den Wehenpausen.

Weil es mir so geholfen hatte, machte ich kurz danach noch eine weitere Trance und ab da ging alles ganz schnell. Die Wehen wurden sehr schnell sehr stark, wir sind in den Kreißsaal umgezogen und ungefähr zwei Stunden später war mein Sohn auf der Welt. Ich glaube, dass die Trance mir insoweit geholfen hat, dass ich besser mit dem stärker werdenden Wehenschmerz zurechtkam und ihn so besser zulassen konnte und mich nicht gegen ihn verschloss.

Ich war nicht während der ganzen Geburt in Trance und ich hatte Schmerzen. Aber ich habe so selbstbestimmt geboren, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich würde sogar so weit gehen, die Geburt als schön zu bezeichnen. Mein Kind und ich haben alles gut und ohne Fremdeinwirkung geschafft, was mich sehr glücklich gemacht hat.

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