Kennt ihr eure „Ernährungsbiografie“? – Erkenntnisse zur Ernährung

FAMILIE, Food

Silvia Silko

Der moderne Mensch und die Ernährung: Es ist ein weites Feld. Mittlerweile gibt es allerlei Ausprägungen und jeder macht sich in irgendeiner Form Gedanken um seine Ernährung. Nun erscheint "Unsere Ernährungsbiografie", ein Buch von Prof. Dr. Biesalski, das verspricht, mit sämtlichen Mythen rund um die Ernährung aufzuräumen – mehr als Erklärungen zu Dingen, die wir meistens schon wissen bietet es allerdings nicht

Es wird viel über Ernährung diskutiert in Deutschland: In Kitas, Kindergärten, Freundeskreisen, Familien – wer hat welche Intoleranzen? Verzichtet worauf und warum? Die einen behaupten, sämtliche Intoleranzen seien eingebildete Modeerscheinungen, verschiedene andere Ausprägungen werden gerne als „Wohlstandsprobleme“ abgetan. Die anderen sind der festen Überzeugung, eben jene Intoleranzen bei sich diagnostiziert zu haben. Ernährungsweisen wie Vegan, Vegetarisch, Paleo, Clean usw. bestimmen darüber hinaus nicht nur ihren Speiseplan sondern gehören zur Lebenseinstellung. Ja, tatsächlich sind Menschen, die keinerlei Ausprägung folgen mittlerweile etwas Besonderes. Aber ist das tatsächlich so schlimm? Ist es ein Problem, sich genauestens damit zu beschäftigen, was man sich einverleibt? Kann es nicht auch heilsam sein, zu prüfen, was man täglich zu sich nimmt? Oder sollten wir uns alle einfach mal entspannen und Omas Erbsensuppe aus Speck, Brühe und Kartoffeln zu uns nehmen und danach die Schwarzwälderkirschtorte aus hellem Weizenmehl und Sahne genießen?

Alles bestens: Macht euch keine Sorgen um die Ernährung

Biesalski, Hans Konrad © Jana Kay_Hochformat

Hans Konrad Biesalski möchte gerne erklären, wie das mit der Ernährungsbiografie so funktioniert Bild: Jana Kay

Wenn es nach Autor und Wissenschaftler Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski geht, würde er genau dies empfehlen: Solange nicht nach gründlicher Prüfung eines Arztes erwiesen ist, warum man auf irgendwelche Lebensmittel verzichten sollte, braucht sich keiner zu stressen. In seinem neuen Buch „Unsere Ernährungsbiografie“ versucht er, diese Haltung zu erklären. Hierfür spricht er zunächst darüber, dass sämtliche Diät-Tricks und Annahmen übers Gewicht und das Abnehmen, die sich seit Jahrzehnten halten, Quatsch sind. Dass Übergewichtige abnehmen sollten, Schlanke gesünder und länger leben und das Abnehmen nur eine Willensfrage ist, demontiert er direkt auf der ersten Seite.

Das Geheimnis ist unsere Geschichte. Und die unserer Eltern.

Biesalski legt auf knapp 250 Seiten dar, was unter unserer „Ernährungsbiografie“ zu verstehen ist. Entscheidend ist das sogenannte „1000-Tage-Fenster“. Damit ist die Zeit der Schwangerschaft und die ersten beiden Jahre im Leben des Kindes gemeint. Wie sich die Mutter ernährt hat, aber auch, wie die Eltern die weitere Nahrungsaufnahme des Kindes beeinflussen, ist entscheidend für den gesamten Lebensweg. So ist etwa eine Erkenntnis Biesalskis, dass Kinder der Mütter, die während der Schwangerschaft gehungert haben, zum „Bunkern“ des Energieträgers Fett neigen. Wie das Gehirn unser Essverhalten steuert, wie das Belohnungssystem funktioniert und was es mit Epigenetik auf sich hat, kommt hier zur Sprache. Anhand evolutionärer Entwicklungen erklärt der Wissenschaftler mögliche Krankheiten, die die Folge falscher Ernährung sein können: Diabetes oder Adipositas. Hunger? Keine Frage des Willens, sondern eine der Hormone – sagt Biesalski. Er stützt sich bei all dem auf Versuche und Erkenntnisse der Wissenschaft und erklärt anschaulich, welche Hormone, Funktionen und Reaktionen im Körper wofür zuständig sind. Es fallen einige Fachbegriffe, die jedoch einfach erklärt werden.

Und nun? Wie sieht die perfekte Ernährung aus?

Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski: Unsere Ernährungsbiografie. Knaus Verlag, 2017. 19,90 Euro

Gute Frage! Eine eindeutige Antwort darauf gibt es natürlich – man ahnt es – nicht. Biesalski spricht zwar davon, dass wir Menschen unsere Ernährungsbiografie „korrgieren“ können, aber komplett erneuern können wir sie nicht. Zwar wird im Untertitel versprochen, dass diejenigen, die ihre Ernährungsbiografie kennen, gesünder leben. Die Erkenntnisse und Empfehlungen des Autors bieten dabei jedoch keinerlei Bahnbrechendes oder Neues: Dass etwa Stress sich negativ auf die Ernährung auswirken kann, Fett nicht automatisch dick macht, der BMI nicht unbedingt repräsentativ ist und Bewegung wichtig für Körper, Kreislauf und Gewicht ist, sind ja nun keinerlei Geheimnisse. Dass Schwangere außerdem ausgewogen und vernünftig essen sollten und damit ihr Ungeborenes bereits beeinflussen, kann frau sich ebenfalls logisch erschließen.


Achtung: Vitamine!

Biesalski pocht also immer wieder auf gesunde Mischkost – und verweist im Prinzip auf alle Grunderkenntnisse, die wir aus der Grundschule bereits mit der altbekannten Lebensmittelpyramide verstanden haben. Lediglich beim Thema Vitamine erzählt er Neues: Syntetische Vitamine sind seiner Meinung nach gar kein Problem, mehr noch: Menschen die zusätzliche Vitamine zu sich nehmen seien nachweislich schlanker und gesünder. Ein Schluss, bei dem man wachsam und äußerst vorsichtig sein sollte. Nicht umsonst haben sich die Kollegen von DIE ZEIT in ihrem Artikel „Vitamin G! Wie Gier“ kritisch mit der Lebensmittelindustrie und den „dreckig produzierten“ Vitaminen, die uns ständig untergejubelt werden sollen, auseinander gesetzt. Biesalski kommt in diesem Artikel auch vor: Er spricht von Mangelernährung in unserer Gesellschaft und behauptet, dass nur zusätzliche Vitamine uns aus der Misere retten können. Eine Haltung, die mit einem großen Fragezeichen versehen wird. Zu recht.

Fazit

Wenn ihr euch gerne mit der Evolution eurer Ernährungsgeschichte auseinandersetzt und wissen wollt, welche Hormone euer Essverhalten beeinflussen könnten, was Makro- und Mikronährstoffe sind und was es mit dem hungrigen Gehirn auf sich hat, könnt ihr euch dieses Buch gerne durchlesen. Es ist nicht sehr schwer geschrieben und erklärt, wie gesagt, sämtliche Fremdwörter. Diejenigen, die aber Neues erfahren wollen oder sich konkrete Erkenntnisse zu ihrem Essverhalten wünschen, bzw. etwas zum Essverhalten erfahren wollen, was sie nicht längst wussten, werden enttäuscht sein.

Titelbild: unslpash.com/ brooke lark

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