Mutter Kind Kur

Burn-Out: Wie kann eine Mutter-Kind-Kur helfen?

MUM, Wohlfühlen

Uli Morant

Burn-out bei Müttern ist ähnlich verbreitet wie bei Managern. Eine Mutter-Kind-Kur kann helfen, neue Kraft zu tanken. Doch wie wird die Auszeit zum Erfolg? Wir haben uns Profi-Tipps geben lassen von Anne Schilling vom Müttergenesungswerk.

Ständiger Zeitdruck, die beruflichen Belastungen, die Schwierigkeit, Kinder und Beruf zu vereinbaren… Das Leben von Eltern ist anspruchsvoll und mündet oft in Überforderung. Erschöpfung, Schlafstörungen, Gereiztheit sind ernst zu nehmende Warnzeichen und Gründe genug, über eine Auszeit nachzudenken. „Aber immer noch kommen viele Mütter viel zu spät zu uns“, erklärt Anne Schilling, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Die Stiftung betreibt in Deutschland 1.200 Beratungsstellen, deren Mitarbeiter Müttern und Vätern bei einem Kurantrag helfen. Wir wollen von Anne Schilling wissen, wann eine Kur sinnvoll ist und was sie erfolgreich macht.

Frau Schilling, viele Frauen träumen von einer Auszeit. Ist eine Mutter-Kind-Kur dafür das Richtige?

Anne Schilling: Das Wichtigste zu wissen ist: Eine Kur ist kein Urlaub. Sie ist eine stationäre medizinische Maßnahme. Das heißt, die Mütter haben eine ärztliche Eingangsuntersuchung, nach der ein individueller Therapieplan erarbeitet wird, der verschiedene Anwendungen beinhaltet. Es gibt Mutter-Kind-Kuren als Vorsorge- oder als Rehabilitationsmaßnahme, das heißt, wenn Sie ständig Rückenschmerzen haben, kann eine Kur helfen, damit es zum Beispiel nicht zum Bandscheibenvorfall kommt. Wenn Sie bereits einen Bandscheibenvorfall hatten, kann eine Rehabilitation notwendig sein. Den Einzelfall klärt Ihr Arzt mit Ihnen ab.

Sie empfehlen den Frauen schon vor einer Antragstellung zu den Beratungsstellen zu kommen. Warum?

Ja, unbedingt. Wenn sich eine Mutter nicht sicher ist, ob sie Chancen auf eine Mutter-Kind-Kur hat, kann sie das in einer Beratungsstelle herausfinden. Die Beraterinnen sind natürlich keine Medizinerinnen, aber sie haben viel Erfahrung und können Tipps geben, zum Beispiel, was alles auf dem Antrag stehen muss. Außerdem können sie bei einem Widerspruch der Krankenkasse unterstützen.

Worüber sollten sich Frauen Gedanken machen, bevor sie eine Kur beantragen?

Jede Frau sollte sich ganz konkret überlegen: Was brauche ich, was tut mir gut. Sie sollte sich notieren, welche Bedingungen sie in der Kur vorfinden möchte. Zum Beispiel, ob ich mir eine kleine, familiäre Kurklinik wünsche oder die Anonymität einer großen Anlage schätze. Möchte ich nahe an meinem Zuhause sein oder (Stichwort: häusliche Gewalt) möglichst weit weg von meinem Wohnort. Brauche ich in der Kur möglichst viel Zeit für mich allein oder will ich auch viel mit meinen Kindern zusammen sein bei Mutter-Kind-Aktionen und den gemeinsamen Mahlzeiten.

Die Wahl des richtigen Kurorts oder der richtigen Kurklinik ist sicherlich mit entscheidend, oder?

Für den Erfolg der Kur ist es ausschlaggebend, dass man die passende Klinik auswählt. Darum ist Beratung so wichtig. Die medizinischen Anforderungen an eine Klinik sind natürlich der erste Punkt, den man abklären sollte. Aber es ist kontraproduktiv, wenn die Mutter möglichst viel Zeit mit den Kindern verbringen will, sich dann aber eine Klinik aussucht, die auf die Begleitung von Müttern in bestimmten Pflege- oder Trauersituationen spezialisiert ist oder in der Mütter laut Behandlungsprogramm viel Zeit für sich haben sollen und darum zum Beispiel die Mahlzeiten von den Kindern getrennt einnehmen. All das kann man im Vorfeld abklären.

Gibt es Kliniken, die sich speziell auf Erschöpfungszustände bei Müttern ausgerichtet haben?

Alle Kliniken im Müttergenesungswerk, die Mutter-Kind-Kuren anbieten, haben einen ganzheitlichen Ansatz und behandeln immer auch die Erschöpfungszustände bei Frauen. Die Gründe für eine Kurmaßnahme sind so individuell wie die Frauen selbst, aber allgemeine Erschöpfungszustände werden immer therapiert.

Während der Kur klappt es ja meist ganz gut, neue Wege zu gehen. Aber was ist danach?

Wir bieten nach der Kur Beratungsgespräche an, in denen man klären kann, welche weiterführenden Maßnahmen sinnvoll sind. In manchen Beratungsstellen gibt es auch eine Art Kurcafé, wo man sich mindestens einmal im Monat mit anderen austauschen oder Themen aus der Kur vertiefen kann.

Wie lange kann ich eine Kur beantragen und wie oft?

Eine Mutter-Kind-Kur (oder auch eine Vater-Kind-Kur) kann man beantragen, bis die Kinder das Alter von 12 Jahren erreicht haben. Solange ein Kind unter 18 Jahren im Haushalt lebt, kann man eine Mütterkur beantragen, ohne Kinder. Je nach dem Gesundheitszustand kann eine Kur alle vier Jahre beantragt werden.

Gibt es viele Väter, die eine Kur mit Kind machen wollen?

Im Müttergenesungswerk hatten wir im letzten Jahr 1.600 Väter in einer Kurmaßnahme, der Anteil ist steigend. Allerdings im Vergleich zu 48.000 Müttern immer noch gering.

Wichtig ist, dass wir die Therapien in homogenen Gruppen anbieten, also dass Väter mit anderen Vätern zusammenkommen. Wir mischen die Gruppen nicht, denn das Verständnis von Gesundheit und auch die Rollenzuweisung in der Gesellschaft und der Familie sind doch sehr unterschiedlich. Männer und Frauen haben andere Fragen im Umgang mit Krankheit und ein anderes Rollenverständnis in der Familie.

Mutter Kind Kur

Wie wichtig ist der Austausch der Mütter untereinander während der Kur?

Extrem wichtig! Denn hier geht es nicht mehr darum, den Schein zu wahren. Ganz im Gegenteil: Alle sind erschöpft, alle fühlen eine große Last auf ihren Schultern.

Alle Frauen wollen gute Mütter sein. Sie möchten nicht nur die Erwartungen der Gesellschaft an sie  – die riesig sind – erfüllen, sie wollen sie möglichst noch toppen. Und das funktioniert nicht! Gerade während der Kur ist es für Frauen wichtig, sich einmal die eigene Messlatte anzusehen und zu hinterfragen, was das alles mit ihrer Erschöpfung zu tun hat. Dafür ist der Austausch mit anderen Müttern sehr, sehr wichtig – neben den Therapien natürlich. Denn die Frauen haben immer die Sorge: Bin ich eine gute Mutter?

Denken Sie, das ist etwas typisch Deutsches?

Ich glaube schon, dass das etwas mit dem antiquierten Mutterbild in Deutschland zu tun hat. Natürlich stellen sich auch Frauen in anderen Ländern die Frage, ob sie gute Mütter sind. Aber in Deutschland wird immer noch ein altes Mutterbild verbreitet, das besagt, dass das Wichtigste für jede Mutter erst einmal das Wohl der Kinder und der Familie sein sollte – und erst ganz am Ende stehen die persönlichen Bedürfnisse der Frau.

In dem Moment, wo eine Frau Mutter wird, besteht die große Gefahr, dass sie in ein solches Rollenbild hineinrutscht. Selbst wenn sie ihr Familienleben ganz anders gestalten wollten, als gleichberechtigte Partner, entscheiden sich die meisten Paare doch für ein traditionelles Familienmodell. Das heißt die Frauen nehmen Erziehungszeit, arbeiten Teilzeit und übernehmen den größten Teil der Hausarbeit.

Wenn sie da die Weichen nicht von Anfang an anders stellen, dann finden sich Mütter plötzlich in einer Rolle wieder, von der sie sagen: So wollte ich das nie haben! Das ist ein Widerspruch, den die Frauen heute aushalten müssen und mit dem sie in ihrer jeweiligen familiären Konstellation oft alleingelassen werden. Wir als Gesellschaft müssen da Hilfe leisten. Und auch dafür ist eine Mutter-Kind-Kur gut: die Frauen in ihren Bedürfnissen zu bestärken. Wenn die Mütter ausgebrannt sind, dann spüren das die Kinder, die ganze Familie. Es ist wichtig für alle, dass die Frauen Kraft haben.

 

Anne Schilling MüttergenesungswerkAnne Schilling ist Geschäftsführerin des Deutschen Müttergenesungswerks. Gegründet wurde die Stiftung 1950 von Elly Heuss-Knapp, der Frau des Bundespräsidenten Theodor Heuss. Ziel des Müttergenesungswerks ist es, Mütter in ihrer Gesundheit zu stärken. Die Stiftung, die sich aus Spenden finanziert, leistet außerdem wichtige Lobbyarbeit beim Thema
Frauengesundheit.

 

 

Bilder: Gettyimages, Müttergenesungswerk PR

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