Baby Led Weaning: So führt ihr die breifreie Beikost ein

BABY, Food, Wissen

Breifreie Beikost (Baby Led Weaning) ist gerade voll im Trend. So können Babys von Anfang an am Familientisch mitessen und lernen verschiedene Nahrungsmittel kennen. Was ihr bei der BLW-Methode beachten solltet haben wir hier zusammen gefasst.

Was ist „Baby Led Weaning“ (BLW)?

Der Ausdruck heißt wörtlich übersetzt „Baby-geführtes-Entwöhnen“. Es bedeutet, dem Baby bei der Einführung von Beikost „freie Hand“ zu lassen. Das heißt, das Baby wird an Beikost herangeführt, ohne dass man ihm den typischen Brei anbietet. Vielmehr soll es sich beim gemeinsamen Familienessen immer wieder „bedienen“ und möglichst viele unterschiedliche Lebensmittel ausprobieren.

Wann ist mein Baby bereit für BLW?

Die beste Vorbereitung für BLW ist Stillen. Empfohlen wird, Babys möglichst sechs Monate voll zu stillen. Danach sind gesunde Babys meist „beikostreif“ und können feste Nahrung probieren. Für Babys mit Erkrankungen und für Frühchen sollte man zusammen mit dem Kinderarzt genau abstimmen, wann der richtige Zeitpunkt für Beikost ist. Gerade bei Frühchen, die vor der 37. Woche geboren sind kann es sein, dass sie noch etwas länger brauchen bis sie normales Essen verdauen können.
Wenn das Baby den Kopf halten, mit Unterstützung (zum Beispiel auf dem Schoß) aufrecht sitzen kann und Essen mit der Hand fassen und selbstständig zum Mund führen kann, ist es in der Regel bereit für BLW. Ein untrügliches Zeichen ist auch, dass das Baby großes Interesse an dem zeigt, was die Familienmitglieder essen. Außerdem sollte der Zungenstreckreflex mit dem kleinere Babys feste Nahrung automatisch mit der Zunge aus dem Mund schieben nicht mehr aktiv sein.

Checkliste: Mein Baby ist bereit für Beikost wenn …

  • es den Kopf halten kann
  • mit etwas Unterstützung aufrecht sitzen kann
  • es mindestens sechs Monate voll gestillt wurde
  • am Familientisch Interesse an dem zeigt, was die anderen essen
  • Essen mit der Hand fassen und zum Mund führen kann
  • der Zungenstreckreflex nicht mehr aktiv ist


Kann sich das Baby verschlucken?

Ja, diese Gefahr besteht. Darum ist es wichtig, mit der Entwicklung des Babys mitzugehen. Nur wenn das Kleine schon aufrecht sitzen und greifen kann, ist es reif für diese Art der Beikosteinführung. Grundsätzlich sollte man bei verschiedenen Nahrungsmitteln aufpassen und sie dem Baby nicht anbieten: Weintrauben, Heidelbeeren und Nüsse zum Beispiel sind gefährlich und sollten auf keinen Fall gegeben werden, ebenso Erbsen, Mais und geschälte Bohnen. Da das Baby relativ selbstbestimmt Essen in den Mund schiebt und daran nuckeln kann ist jedoch das Risiko sich zu verschlucken in aufrechter Sitzposition nicht größer als beim klassischen Füttern mit dem Löffel.

Diese Nahrungsmittel sollten nicht gegeben werden (Verschluckgefahr):

  • Nüsse
  • Weintrauben
  • Heidelbeeren
  • Erbsen
  • Mais
  • geschälte Bohnen

Wie bietet man dem Baby die neue Kost an?

Sinnvoll ist es, die Lebensmittel so zuzuschneiden, dass das Baby sie gut greifen kann. Alles was in Form eines Sticks geschnitten ist, ist für kleine Händchen gut geeignet. Das können Obst- oder Gemüsesticks sein, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kürbisstückchen, Polenta, ein Stück Fleisch (zum Nuckeln) oder auch ein Stück Hackfleisch. Kleine Happen dagegen sind wenig sinnvoll, da sie schwer zu Greifen sind. Babys sind neugierig und experimentieren gern. Je vielfältiger das Angebot ist, desto größer die Chance für das Kleine ganz unterschiedliche Geschmacksrichtungen und Konsistenzen auszuprobieren. Es soll Babys geben, die sogar eingelegte Gurken ganz schmackhaft finden

Diese Nahrungsmittel eignen sich zum Start von BLW:

  • Obststicks („harte“ Obstsorten wie Birnen oder Äpfel besser etwas vorgaren und schälen, damit Baby sich nicht an der Schale verschluckt)
  • Gemüsesticks (Gurke, vorgegarte Karotte oder Kürbis, Zucchini…)
  • gekochte Kartoffel- oder Süßkartoffelstücke
  • Kürbis
  • Polenta (vor allem wenn sie bissfest ist)
  • Nudeln
  • zuckerfreier Pfannkuchen
  • Fleisch (auch Hackfleisch; zum Nuckeln im Stück)
  • salzfreies Eieromelette

Baby Led Weaning; Getty Images

Welche Lebensmittel sind für Babys nicht geeignet?

Fast Food und sehr zuckerhaltige, salzige oder stark gewürzte Speisen sollten auf keinen Fall in Babys Speiseplan auftauchen. Anfangs kommt die Babyportion ungewürzt auf den Tisch, auch damit das Kleine die unterschiedlichen Geschmäcker unverfälscht wahrnehmen kann. Harte Gemüsesorten (Karotten zum Beispiel) sollten kurz vorgegart werden, Obst anfangs auch nur geschält geben, damit nicht eine Pfirsich- oder Apfelschale am Gaumen festklebt und das Baby sich verschluckt. Bei Gurken bitte darauf achten, dass der Teil mit Kernen vorab weggeschnitten wird. Achtung bei Zitrusfrüchten, sie können bei manchen Babys einen „wunden Po“ verursachen.

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Braucht mein Baby zusätzlich etwas zu Trinken?

Babys, die weiterhin gestillt werden, brauchen nicht zusätzlich etwas zu Trinken wenn sie auf Beikost umgestellt werden. Sie decken den Flüssigkeitsbedarf über die Muttermilch. Babys, die Fläschchennahrung bekommen, sollte man zusätzlich Wasser anbieten, denn die Fertigmilchpräparate können den Flüssigkeitsbedarf meist nicht decken.

Wie wecken wir Babys Interesse an fester Nahrung?

Das passiert meist ganz von allein, solange das Baby Gelegenheit hat beim gemeinsamen Essen der Familie dabei zu sein. Wenn es soweit ist, wird es automatisch die größeren Familienmitglieder – und vor allem die größeren Geschwister – imitieren wollen und nach einem Stück Möhre, Brot, Fleisch oder einer Nudel greifen um sich das in den Mund zu stecken und daran zu lutschen. Natürlich kann man dem Kleinen auch immer wieder etwas anbieten und es kosten lassen. Je mehr Geschmacksrichtungen Babys ausprobieren, desto größer ist später ihr Speiseplan.

BLW ist auch umstritten – warum?

Das Ernährungskonzept des BLW sorgt immer wieder für Diskussionen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. lehnt diese Art der Ernährung für Babys sogar generell ab. Für eine gute Versorgung sei ein ausgewogenes Nahrungsmittelangebot wichtig, sagt Bundessprecher Hermann Josef Kahl. Die Mitglieder des Verbandes fürchten, das sei beim Essen „von der Hand in den Mund“ nicht gegeben, weil Babys zu wenig Eisen und andere wichtige Nährstoffe bekämen.
Weitgehend widerlegt wurde diese Theorie bereits in den 1930er Jahren von der Kinderärztin Clara Davis aus Cleveland. Sie führte eine Studie mit gerade abgestillten Säuglingen im Alter von 6 bis 9 Monaten zu deren Nahrungswahl durch. Monatelang wurde dabei genau notiert, was die Kinder aus freien Stücken an angebotenen Nahrungsmitteln wählten und aßen.

Die Kinder gediehen sehr gut, waren guter Laune und viel aufgeweckter als jene, die in derselben Kinderstation vom Fachpersonal mit herkömmlichen Babybreis gefüttert wurden. Davis Forschungen gerieten in Vergessenheit, dabei initiierte sie die bisher größte Studie zu diesem Thema (Davis CM; Results of the self-selection of diets by young children. Canadian Medical Association Journal 1939). Unter anderem zeigte die Studie auch, dass Babys nach dem Abstillen ganz unterschiedliche Essvorlieben entwickeln.

Welche sind die drei wichtigsten Tipps, die man Eltern bei der Umstellung geben kann?

Anja Constance Gaca ist Hebamme und gibt spezielle BLW-Kurse, außerdem betreibt sie den Blog „Von guten Eltern“ und hat zusammen mit Loretta Stern „Das breifrei Kochbuch“ herausgebracht. Wir haben Sie um die wichtigsten Tipps zur breifreien Beikosteinführung gebeten:

1. Geduld mitbringen und genau wie bei anderen Entwicklungsschritten das eigene Kind nicht mit anderen Kindern vergleichen.

2. Mit dem Kind zusammen essen, was sich bei BLW meist automatisch ergibt. Aber auch breigefütterte Kinder möchten mit ihrer Familie zusammen am Tisch sitzen und beobachten und nachahmen, was ihre Eltern tun.

3. Kein Stress am Esstisch und für eine „Essanfänger“-freundliche Umgebung sorgen! Es ist ganz normal, dass Kinder mal mehr und mal weniger essen, genau wie wir auch. Essen ist für Kinder eine ganz neue Erfahrung, die sie mit allen Sinnen erleben und begreifen wollen. Auch breigefütterte Kinder wollen meist gerne mitmachen und mit einem eigenen Löffel agieren oder die Händchen in den Brei tauchen. Dieses Erleben ist wichtig und gehört mit dazu. Der Essplatz sollte also unkompliziert zu reinigen sein, genauso wie die Kleidung, die das Kind dabei trägt.

Das ganze Interview zum Thema Baby Led Weaning mit Anja Constance Gaca lest ihr hier.

Was muss ich bei BLW noch beachten?

  • Das Baby bitte nie allein mit dem Essen lassen.
  • Essen niemals zu heiß anbieten.
  • Die Erwartungen der Eltern dürfen nicht zu groß sein. Es kann durchaus passieren, dass das Baby die ersten zwei, drei Mal gar nichts essen will.
  • Treibt das Baby nicht an, es wird sein ganz eigenes Tempo finden. Dem Baby ist nicht damit geholfen, wenn ihm jemand Essen in den Mund steckt. Es soll den „Mechanismus“ selbst entdecken.
  • Bitte keine Nahrungsmittel mit Zucker- oder Salzzusatz anbieten.
  • Das Baby wird anfangs das Stück Essen, das es gekostet hat nicht aufessen. Das muss es auch nicht.
  • Wenn das Baby etwas ablehnt, kann man das Lebensmittel ruhig noch einmal anbieten. Oft ändern Babys täglich ihre Meinung, so wie sich auch bei uns die Lust nach verschiedenen Speisen täglich ändert.
  • Wenn es in deiner Familie Nahrungsmittelunverträglichkeiten gibt, ist ein Gespräch mit dem Arzt oder der Hebamme sinnvoll vor der Einführung von BLW.
  • Das Baby sollte nach wie vor so oft gestillt werden (oder die Flasche bekommen) wie es möchte.

Wo finde ich Rezepte und zusätzliche Infos zur BLW?

„Das breifrei Kochbuch“ bietet viele Rezepte in allen möglichen Geschmacksrichtungen, die die Autorinnen (s. o.) extra für Babys zusammen gestellt haben (erschienen im Kösel Verlag).

Viele Tipps und Informationen gibt es auch auf der Seite baby-led-weaning.de . Hier findest du außerdem auch weitere Rezepte für einfache, breifreie Babykost.

 

Fotos: istock

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